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Gerhard Ausweger

Faktencheck: Elektroauto vs. Verbrenner ⚡⛽

Der Vergleich zwischen Verbrennungs- und Elektromotoren bzw. welcher der beiden am Ende des Tages wirklich nachhaltiger und umweltfreundlicher ist, wird vor allem in sozialen Medien mit viel Emotionen geführt. Wir lassen die Emotionen mal zu Hause und sehen uns die nüchternen Zahlen an. Zu diesem Zweck haben wir mit Gerhard Ausweger, dem neuen Markenleiter für Ford bei Schmidt Automobile, gesprochen. Er verfolgt den Elektrotrend und die begleitenden Diskussionen seit vielen Jahren und weiß die Argumente richtig einzuordnen und Hintergründe zu beleuchten. Also reden wir schonungslos über Fakten …

Herr Ausweger, die Frage aller Fragen gleich am Beginn: Sind E-Autos wirklich ökologischer als Verbrenner?

Bevor man diese Frage beantwortet, muss man definieren, wovon wir reden. Wir sprechen ja nicht nur vom Ausstoß an Schadstoffen im Lebenszyklus eines Fahrzeuges, sondern auch von der Produktion, woher die Energie für Produktion und Betrieb kommt und auch wie das Ende eines Fahrzeuges aussieht. Das Thema ist umfassend zu sehen. Und um Ihre Frage zu beantworten: Ja, wenn man alle Aspekte zusammennimmt und der Strommix passt, hat der Elektromotor tatsächlich eine bessere Ökobilanz vorzuweisen als der Verbrennungsmotor.

Die Schwierigkeit fängt aber schon bei den Fakten an. Es gibt für jede Seite eine Studie, die die jeweiligen Argumente überzeugend untermauert. Wie soll man sich da auskennen bzw. welcher Studie kann man überhaupt trauen?

Na ja, bei Studien kommt es auf die Grundvoraussetzungen an und die können je nach Setting unterschiedlich sein, daher auch die konträren Ergebnisse. Da geht es beispielsweise um Variablen wie Akkugröße, gefahrene Jahreskilometer oder den Strommix. Der Strommix ist ja sowieso eine der wichtigsten Variablen in diesen Studien. Der kann je nach Land sehr verschieden sein. Österreich schneidet da mit einem Anteil von ca. 80 % erneuerbaren Energien (Stand 2021) unglaublich gut im europäischen Vergleich ab. Das haben wir hauptsächlich der Wasserkraft zu verdanken. Daher sind Studien mit Zahlen aus dem österreichischen Strommix für E-Autos immer sehr positiv. In Deutschland sieht das mit mageren ca. 30 % Anteil an erneuerbaren Energien ganz anders aus, obwohl auch hier E-Autos in den meisten Studien immer noch besser abschneiden.

Kritiker meinen, dass E-Autos bereits bei der Produktion viel schlechter abschneiden. Stimmt das?

Ja, das stimmt. In diesem Stadium verbraucht vor allem die Batterieproduktion relativ viel Strom, was zu erhöhten Emissionen führt. Wie hoch die Emissionen dann tatsächlich sind, hängt wiederum davon ab, aus welchen Quellen der Strom kommt. Es hängt alles zusammen. Daher sollte man auch nicht behaupten, dass ein E-Auto null Emissionen ausstößt. Je nach Studie fallen pro Kilowattstunde Batteriekapazität 85 bis 200 Kilogramm CO2 an. Bei 150 kg CO2 wären wir bei der Produktion einer 35 kWh E-Auto-Batterie bei ca. fünf Tonnen ausgestoßener Treibhausgase. Und damit sind noch nicht alle Produktionsschritte eingerechnet. In Summe kommt man auf ca. zehn bis zwölf Tonnen! Das ist erst mal eine erschreckende Zahl. Im Vergleich dazu schneidet ein Auto mit Verbrennungsmotor in der gleichen Klasse zwar besser ab, es sind aber auch noch ca. sechs bis sieben Tonnen Treibhausgase. Bei größeren Autos können sich diese Zahlen aber bis auf 30 Tonnen bei E-Autos und ca. die Hälfte bei Verbrennern hochschrauben.

Wie kann ein E-Auto dann ökologischer sein?

Na ja, wir sind ja noch nicht am Ende der Rechnung. Den Nachteil beim Start machen E-Autos dann im Betrieb wett. Da geht es vor allem um Energieeffizienz: Das E-Auto hat pro Kilometer einen geringeren Energiebedarf. Ab einer Laufzeit von etwa 3 Jahren bzw. ca. 50.000 bis 100.000 gefahrenen Kilometern hat das E-Auto dann den Verbrenner in der Ökobilanz überholt.

Diese Rechnung gilt für alle Fahrzeugklassen?

Nein. Überdurchschnittlich leistungsstarke E-Autos verspielen diesen Vorteil wieder. Je kleiner die Autos, desto besser schneiden sie in der Ökobilanz ab.

Und welcher Strom dann verwendet wird, ist egal?

Nein, natürlich muss man auch hier die Stromquellen beachten! Damit die Rechnung aufgeht, müssen im Strommix mindestens 29 Prozent erneuerbare Energien enthalten sein. Die Förderung erneuerbarer Energien ist in Europa ja bereits beschlossen, daher werden auch Länder mit schlechteren Werten in den nächsten Jahren deutlich aufholen, was wiederum für die E-Mobilität die Ökobilanz steigern wird.

Wenn nun mehr E-Autos auf den Straßen sind, woher soll der ganze Strom herkommen?

Eine berechtigte Frage. Auch hier sollten wir die Gesamtrechnung im Auge behalten. Mehr E-Autos bedeutet nicht unbedingt so viel mehr Stromverbrauch, denn die Effizienz beim E-Motor ist erstens höher und der Gesamtenergieverbrauch (siehe Ökobilanz) sinkt ja bei E-Autos. Ein kleines Rechenbeispiel dazu: Wären alle Pkw in Österreich rein elektrisch unterwegs, so würde der Stromverbrauch um 18 % steigen (Quelle: Klima- und Energiefonds). Mit den Investitionen in die erneuerbaren Energien sind wir da gut aufgestellt, um auch in Zukunft Versorgungssicherheit zu gewährleisten und da sind die Entwicklungen in puncto Sparsamkeit noch gar nicht eingerechnet.

Ein weiterer Kritikpunkt ist der ökologisch und ethisch fragwürdige Abbau von Lithium sowie seltenen Erden für die Batterieproduktion. Die Bilder und Zahlen dazu sind sehr bedenklich.

Ja, das ist definitiv ein reales Problem und natürlich auch ein Imageschaden für die Branche. Daher arbeitet man daran, die Batterieherstellung effizienter zu machen, aber wie lange das dauern wird, kann man aktuell nicht sagen. Bei den seltenen Erden hat man aber schon einen großen Sprung gemacht. Es gibt bereits einige Autoanbieter, die für Ihre E-Motoren überhaupt keine seltenen Erden mehr brauchen. Und eines möchte ich dazu noch als Denkanstoß anfügen: Bei aller berechtigter Kritik ist der Verbrenner mit Diesel und Benzin und damit auch mit der Ölindustrie keineswegs besser, was dieses Thema betrifft. Lange Transportwege mit Schiffen, Pipelines oder Lastern, Tankerunglücke mit Ölpest, Lecks in Ölleitungen, Unfälle auf Ölplattformen im Meer, Fracking usw. Ich denke, man sollte da schon auch immer beide Seiten genau beleuchten. Man sieht ja aktuell, welche wirtschaftlichen und politischen Risiken die Abhängigkeit von Öl mit sich bringt. Es ist längst an der Zeit, dass wir etwas ändern!

Was passiert eigentlich mit einem alten Akku? Gibt es dafür Lösungen? Wenn ja, welche?

Ja, auch das ist zurecht ein oft gehörter Kritikpunkt in der Diskussion. Die Leistungsfähigkeit einer E-Auto-Batterie sinkt nach etwa zehn Jahren auf unter 80 Prozent. Man kann sie zwar weiter verwenden, aber für einige wird das E-Auto dann auch nicht mehr praktikabel und der alte Akku muss weg. Batterien lassen sich aber nicht so einfach entsorgen. Hier ist vor allem die fehlende Standardisierung bei den Autoherstellern ein Problem. Aktuell verwendet fast jeder Hersteller eine andere Batterie. Inzwischen gibt es in diesem Bereich spezialisierte Recycling-Unternehmen mit einer Recyclingquote von über 80 Prozent. Auch seltene Erden kann man so wieder verwerten und dem Kreislauf zuführen. Dieser Bereich befindet sich aber noch am Anfang. Wie gesagt, wir sind hier in einem wachsenden Wirtschaftssektor, der sich auch noch entwickeln muss. Es ist noch nicht alles perfekt, aber wir sind am richtigen Weg.

Welche Unterschiede gibt es abseits der Nachhaltigkeit noch zwischen E- und kraftstoffbetriebenen Autos?

E-Autos sind aktuell noch teurer, aber dafür in der Wartung durch weniger Verschleißteile signifikant günstiger. Außerdem gibt es Steuererleichterungen und Förderungen für E-Autofahrer. Da zahlt man z. B. keine NoVA oder motorbezogene Energiesteuer. Übrigens werden auch Ladestationen gefördert. Ein Vorteil des E-Autos ist der zusätzliche Stauraum, da der Akku im Unterboden verbaut ist und der Motor weniger Platz braucht. Ein E-Motor ist leiser und hat einfach keinen Schadstoffausstoß, das ist vor allem für die Lärmbelastung und Luftqualität in Städten ein Thema. Na ja und das Aus für Verbrennermotoren ist ja auch bereits abzusehen.

Was ist Ihr Fazit?

Wenn man wirklich alle Aspekte zusammennimmt, sind Elektroautos in puncto Umweltbilanz dem Verbrenner schon jetzt voraus. Dafür muss natürlich der Strommix bei der Produktion und im Fahrbetrieb passen. In Österreich sind wir da wirklich gut aufgestellt. Es gibt immer noch Baustellen in der E-Mobilität, keine Frage. Aber die Effektivität und Bilanz wird sich mit zunehmender Entwicklung weiter verbessern. Man braucht sich nur den Werdegang des Verbrennungsmotors ansehen und wie sich die Effizienz über die Jahre hochgeschraubt hat. Die Zukunft gehört dem E-Auto, davon bin ich überzeugt.

 

Gerhard Ausweger / Markenleiter für Ford
E-Mail: g.ausweger@schmidtauto.at
Tel.: +43 662 63930 170
Mobil: +43 664 80930 3170

 

Weiterführende Infos zu diesem Thema finden Sie hier:
https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/e-autos-mobilitaet-klimaschutz-co2-planet-e-100.html
https://www.zeit.de/news/2019-09/17/haben-e-autos-eine-bessere-oekobilanz-als-benziner-und-diesel
Ökobilanz von Elektroautos: Wie nachhaltig sind E-Autos wirklich?
https://faktencheck-energiewende.at/fakt/woher-soll-der-zusaetzlich-benoetigte-strom-fuer-die-e-mobilitaet-kommen/

Wir wünschen Ihnen viel Spaß mit einem unserer Elektroautos oder Verbrenner!

Das Team von Schmidt Automobile